1.1.1 Schankstätte

Als Alex die Schankstätte betritt, schlägt ihr eine dicke, stickige Luft entgegen. Zigarettenqualm brennt ihr in den Augen. Die Schankstätte ist voll mit Arbeitern, die sich ein Feierabendbier genehmigen.

Alex setzt sich erst einmal an den Tresen, um die Umgebung zu beobachten und bestellt ein Bier. Sie zieht sich die Kapuze tiefer ins Gesicht, denn als Frau zieht sie hier schnell Aufmerksamkeit auf sich.

Als der Wirt den Krug Bier auf den Tisch knallt, schreckt Alex zusammen. Sie kramt in ihren Taschen und holt ein paar Münzen hervor, die sie dem Wirt zuschiebt.

Ein Mann, der Wertpapiere geklaut hat, wird das wohl kaum herumposaunen. Er würde doch eher in einer ruhigeren Ecke vertraulich mit einem Freund sprechen…

Die Zeitagentin sieht sich in der Schankstätte nach einem ruhigen Ort um, an dem zwei oder mehr Männer Themen besprechen könnten, die nicht für die Ohren aller anderen bestimmt sind. Ihr Blick fällt auf drei Männer, die ihre Köpfe über dem Tisch zusammengesteckt haben und in einer dunklen Nische in der hinteren Ecke des Raumes sitzen. Alex überlegt, von wo sie ungesehen die drei Arbeitern belauschen kann, um mehr zu erfahren. Sie nimmt ihr Bier und steuert auf eine Tür zu, die sich neben der Nische befindet und bleibt im Türrahmen stehen.

Angestrengt versucht Alex die Umgebungsgeräusche auszublenden und sich nur auf die gesenkten Stimmen der drei Männer zu konzentrieren. Nach einer Zeit beginnt einer der drei stolz, den anderen Männern etwas Interessantes zu erzählen. Alex spitzt die Ohren:

“Gestern kam ein Mann auf mich zu und hat gemeint, dass in der abgebrannten Zuckerfabrik Weddigen noch ein Tresor steht. Für 30 Silberlinge soll ich ihm Wertpapiere daraus besorgen. Ich hab‘ mich gleich auf den Weg gemacht und hab den Tresor geknackt. Wirklich nur Papierkram und ne‘ Taschenuhr hab‘ ich gefunden, nichts Wildes. Aber der Mann wollte, nur die Wertpapiere. Die Schmuckstücke musste ich liegen lassen. Ich sag euch, die Fabrik bricht bald zusammen…“

Einer der beiden anderen Männer am Tisch ist neugierig und hakt nach. Aber der vermeintliche Gustav wird stiller. Er spürt, er hat schon zu viel erzählt.

“Ich sag nur noch so viel: Mit Freytag hat es auf jeden Fall nichts zu tun. Und jetzt Schluss damit, Männer. Ich will noch ein Bier.”

Alex beißt enttäuscht die Zähne zusammen. Obwohl sie Informationen zum Ablauf und zum Motiv bekommen hat, bleibt immer noch offen, was der Mann mit den Dokumenten vor hat.

Freytag… was ist das bloß für ein Hinweis? Was hat ein Wochentag mit den Papieren zu tun?

Alex beobachtet, wie Gustav in seine Jackentasche nach Münzen kramt. Er leert den Tascheninhalt auf dem Tisch aus. Zwischen Münzen, Tabakkrümeln und Zigaretten erblickt Alex eine Notiz.

Was ist das für eine Notiz? Ich brauche diese Notiz!

Angestrengt denkt Alex darüber nach, wie sie am besten an den kleinen Zettel herankommt. Sie bewegt sich langsam auf den Tisch der Männer zu. Als sie in ihre Sichtweite kommt, beginnt sie zu schwanken. Als sie am Tisch ankommt, neigt sie ihren Krug, um Gustavs Gegenüber das Bier auf die Hose zu schütten. Der Mann springt sofort erschrocken auf und fährt sie an:

“Sag mal! Pass doch auf!”

Zu ihrem Glück ist auch Gustav durch die entstandene Unruhe abgelenkt und vergisst für einen Moment den kleinen Zettel. Blitzschnell greift Alex danach, entschuldigt sich, dreht sich um und verlässt die Schankstätte.

Zettel lesen

441 steht oben links in unordentlicher Schrift geschrieben.

In der Mitte des Zettels befindet sich ein Satz in einer älteren Handschrift: 

Wo könnte Gustav die Wertpapiere versteckt haben? Mit “Freytag” kann ja wohl nicht der Wochentag gemeint sein, oder? Vielleicht ist es ein Straßenname …?

Mit einem kurzen Blick auf das Haus der Schankstätte erkennt Alex in heller Schrift die Nummer 431, jedoch weit und breit keinen Straßennamen.

Moment – Wenn ich mich nicht irre, gab es im 19. Jahrhundert in Minden noch keine Straßennamen! Es gab lediglich Nummern, um Häuser zu finden. Vielleicht bezieht sich die Zahl auf dem Zettel ja auf eine Hausnummer. Das wäre zumindest eine Möglichkeit.

Kurzerhand beschließt Alex nach dem Haus zu suchen, um sich die Situation vor Ort ansehen zu können. Mittlerweile ist es spät geworden und nur die Lichter, die durch die Fenster der umliegenden Häuser dringen, erhellen den Weg.

Die Hausnummern dieser Straße gehen aufwärts und kurz darauf steht Alex vor dem Haus mit der Nummer 441.

Hier muss es wohl sein.

Haus untersuchen

Alex versucht, durch die Fenster in die Räume sehen zu können. Aber im Inneren ist es dunkel. Auf einem Schild direkt am Eingang steht: “Buchhandlung Körber und Freytag”.

Das war also mit “Freytag” gemeint. Warum hat sich Gustav diesen Ort als Versteck ausgesucht? Vielleicht ein Abholort für den Mann, der ihn beauftragt hat?

Vorsichtig rüttelt Alex an der Türklinke und versucht, die Tür aufzudrücken. Jedoch bewegt sie sich keinen Zentimeter.

Abgeschlossen. Nicht jetzt, wo ich schon so weit gekommen bin! Vielleicht kann ich mir die Situation vom 21. Jahrhundertaus ansehen, bevor ich Gefahr laufe, als Zeitagent erkannt zu werden. Da dort ja auch nützliche Informationen zu der Zeit von damals zu finden sind, sollte ich zumindest  Anhaltspunkte finden können

Tipp

Im 360°-Museum kann man sich nicht nur um die eigene Achse drehen, sondern auch nach oben und unten schauen.